Zwischenruf - und Terminankündigung (Matthias Lotzmann)

"Irgendwie müssen wir es tun" – Zwischenruf aus der Kirchenmusik

Gottesdienst trifft Wupperfelder Abendmusik 

Lutherkirche, Obere Sehlhofstraße 42

 9. Januar 2021, 19:15 Uhr (musikalischer Schwerpunkt: Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr)

30. Januar 2021, 19:15 Uhr (Evensong)

13. Februar 2021, 19:15 Uhr (mit Klängen von Oboe und Orgel)

 

Wer dachte, eine COVID-bedingte Pause auch für die Kirchenmusik sei bis Ende Dezember 2020 recht großzügig bemessen, kommt darüber schon wieder ins Zweifeln. Werden wir die weihnachtlichen Freiräume, die zur Besänftigung der Volksseele zugestanden werden, dann im neuen Jahr mit einem weiteren Herunterfahrmodus und etlichen Konzertverboten auch in der Kirchenmusik bezahlen müssen?

 

Die Schilderung der vielen Vorbereitungen, Proben und Aufführungszusagen, die schon im ablaufenden Jahr vergeblich waren, würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Von den meisten unbemerkt, gibt es im Bereich der kirchenmusikalischen Arbeit in Wuppertal, in mancher unserer Gemeinden, also ganz nah bei uns, zahlreiche Menschen, die materiell davon abhängig sind, deren freiberuflicher Broterwerb es ist, zu musizieren.

 

Die Solisten und Instrumentalmusiker, die gebuchten Ensemble etc. schweigen seit dem Frühjahr. Und wie lange noch? Politisch und medizinisch wird das Musizieren in Gruppen als gefährlich eingestuft. Im Namen des Gemeinwohls herrscht also auf unabsehbare Zeit de facto ein Berufsverbot. Für die Ausführenden ist der Zusammenhang von Gebot und Verbot nicht mehr nachvollziehbar. Ja, die Obrigkeit erlaubt Chorproben, wenn das dort Geübte innerhalb eines Gottesdienstes zu Gehör kommt. Im geplanten Kirchenkonzert ist die Mitwirkung eines Chores mit der identischen Musik aber nicht möglich; im gleichen Gebäude, bei ähnlichen Zuhörerzahlen, bei identischem Hygienekonzept. Das geistliche Konzert, die musikalische Vesper, die Abendmusik verstummen nun schon wieder seit Oktober, es sei ja eine musikalische Darbietung und komme damit eben nicht einem unmittelbaren gottesdienstlichen Verkündigungsauftrag nach.

 

Ich muss gestehen, dass ich es nicht verstehe. Ich bin müde und es leid geworden, den Musikern und Musikerinnen die Terminabsagen und Honorarzusagen entschuldigend im Namen von wortreichen Verordnungen vermitteln zu müssen.

 

Aber irgendjemand muss ja nun seinen Beitrag leisten, oder wie es Kanzleramtsminister Helge Braun dieser Tage sagte: „Irgendwie müssen wir es tun. Und dann doch lieber im Feizeitbereich.“ Es wirkt auf mich wie Willkür, gründend auf einer großen fachlichen und politischen Hilfslosigkeit. Was ist die Lobby der Kultur, oder gar des kirchenmusikalischen Auftrags gegenüber der gesellschaftlichen Bindekraft eines Manuel Neuer? Der sogenannte kulturelle „Freizeitbereich“ (ich kann mir nicht helfen, schon die Wortwahl klingt nach Entbehrlichkeit), ist die wirtschaftliche Existenzgrundlage vieler Steuern zahlender Freischaffender, heute als Solo-Selbständige bezeichnet; auch in Barmen, auch für unsere Kirchengemeinde. Die hangeln sich von Mitwirkung zu Mitwirkung, von Honorar zu Honorar. Und das, um zur Verkündigung unseres Glaubens beizutragen und um Sie und uns alle zu erfreuen.

Mich hat in diesem Zusammenhang noch niemand danach gefragt, wie es den vielen ergeht, deren Mitwirkung man sonst für eine Kleinigkeit gern abgreift. Aber vielleicht kann man es sich schon denken oder man möchte es gar nicht genauer wissen. Wir kennen das ja aus dem Begrüßungsritual: „Geht’s gut?“

 

Auch wenn es heute wie aus der Zeit herausgefallen klingt, meiner Auffassung nach versieht die gesamte kirchenmusikalische Arbeit einen unmittelbaren und unverzichtbaren Predigt- und Verkündigungsauftrag. Sie ist also Teil der freien Religionsausübung. Und insofern unterscheidet sie sich grundsätzlich sehr wohl von einem Konzert im herkömmlichen Sinne. Ich beklage, dass die intern bereitwillig nachvollzogene Unterscheidung zwischen Gottesdienst und Geistlicher Abendmusik nicht hinterfragt wird. Da kommt mir eine Äußerung in den Sinn, welche sich vor Jahren in einem Wuppertaler Gottesdienst ereignete: „Wir unterbrechen nun den Gottesdienst für eine Darbietung der Kantorei.“ Wenn ein solcher Satz auch heute noch repräsentativ und entscheidungsrelevant sein sollte, ja dann wäre sowieso einiges faul im gesamten Bemühen um die musikalische Arbeit in unserer Kirche. Aber wie gesagt, das ist schon einige Jahre her.

 

Um das konzertierende Verstummen in unserer Gemeinde nicht bis Ostern erdulden zu müssen, werden die Wupperfelder Abendmusiken im Januar und Februar innerhalb von Gottesdiensten ihren Ort finden. Sie werden eingebettet sein in die liturgische Ordnung von Lesung, Gebet, Lied und Andacht. Wohl gemerkt: Es ist nicht eine taktische Mogelpackung, wie sich vielleicht mancher denken möchte.

 

So feiern wir unter der Überschrift „Gottesdienst trifft Wupperfelder Abendmusik“ in der Lutherkirche, Obere Sehlhofstraße 42

am 9. Januar 2021, 19:15 Uhr (musikalischer Schwerpunkt: Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr)

am 30. Januar 2021, 19:15 Uhr (Evensong)

am 13. Februar 2021, 19:15 Uhr (mit Klängen von Oboe und Orgel)

 

Die Zukunft wird also zunächst in Kleinformationen liegen. Eine begrenzte Zahl an Mitwirkenden, eine Veranstaltungslänge von nicht mehr als einer Stunde, eine maximale Zahl an Zuhörenden. Das Programm für die kommenden zwei Jahre (2021/2022) ist deshalb ganz auf die Durchführbarkeit unter Corona-Bedingungen ausgelegt. Dabei soll der konzertante Charakter der Veranstaltungen zugunsten eines gottesdienstlichen Gepräges zurücktreten.

Matthias Lotzmann

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