Die Kunst Johann Sebastian Bachs – Nachhaltige Musikkultur für die Bergische Region
Gestern – Heute – Morgen
Die Gründung der Barmer Bach-Tage im Jahre 2019, initiiert und seither durch Dr. Matthias Lotzmann künstlerisch verantwortet, ist eine Erfolgsgeschichte. Diese knüpft an die große Tradition der zahlreichen Bach-Vereine in Deutschland an. In Barmen begann diese im Herbst 1914 und entfaltete seine in der Folgezeit vielbeachtete und gerühmte Wirkung. In diese Linie hinein haben sich die Barmer Bach-Tage bewusst gestellt. Nicht ein punktuelles Agieren, sondern die nachhaltige Präsentation und Verbreitung des Werkes von Johann Sebastian Bach auf hohem Qualitätsniveau soll für die ganze Bergische Region Nutzen und Identität bringen.
Heute ist es mehr als noch vor dem Beginn des Krieges in Europa und der Pandemie deutlich, dass ein solches Unterfangen keine auskömmliche Unterstützung durch die öffentlichen Hände und deren Förderstrukturen finden wird. Auch die verfasste Kirche vor Ort, als ehemaliger Träger immerhin die Herkunftsstruktur der Bachschen Musik, ist weit davon entfernt, die Barmer Bach-Tage in hohem Umfang zu fördern. Also lag nichts näher, als die Geschicke selbst in die Hand zu nehmen und darauf zu vertrauen, dass die interessierten Kreise, insbesondere das bürgerliche Konzertpublikum, selbst für die Unterstützung der Barmer Bach-Tage eintreten würde. Dies wird aber angesichts der sich zuspitzenden Bedingungen immer schwieriger, wenngleich es gerade Initiativen wie die der Barmer Bach-Tage sind, die den kulturellen Fortbestand der Bürgergesellschaft sichern helfen. Vorwiegend private Zuwendungen haben es bislang ermöglicht, dass diese Einrichtung seit sechs Jahren auf hohem Niveau wächst und immer weitere Kreise erreicht. Es bleibt zu hoffen, dass sich dies verstetigt.
Die soziale Stellung des Musikers gestern und heute
Die VI. Barmer Bach-Tage widmen sich im September 2025 diesem Thema unter der Überschrift „Der weltliche und geistliche Musiker Johann Sebastian Bach“. Das Motto der BBT 2025 ist deshalb Bachs eigenen Worten entlehnt. Er schreibt 1730 in dem berühmten Brief an seinen Schulfreund Erdmann 1730: „… ob es mir nun zwar anfänglich gar nicht anständig seyn wollte, aus einem Capellmeister ein Cantor zu werden …“ So stehen die bedeutenden Antipoden des geistlichen und weltlichen Schaffens im Mittelpunkt des Aufführungen 2025: Die Messe h-moll BWV 232 aus der Endphase seines Lebens 1748/49 und die Brandenburgischen Konzerte aus der musikalisch glücklichen Zeit am Köthener Hof (1717–1723). Diesem wichtigen Thema entsprechend, sind zahlreiche Konzerte und Vorträge der Barmer Bach-Tage 2025 an unterschiedlichen Ort innerhalb Wuppertals vorgesehen, für die auch namhafte Künstler und Referenten gewonnen werden konnten. Dabei wird auch die Frage, wie es mit freischaffenden Musikern und Künstlern zukünftig weiter geht, berührt werden! Wie sicher sind überhaupt die zurzeit noch bestehenden kulturbezogenen Anstellungsstrukturen? Wie kann vor allem die freie Kulturszene den gesellschaftlichen Veränderungen und dem finanziellen Spardruck intelligent begegnen? Ist es wieder einmal ein Risiko, seine Laufbahn als freischaffender Künstler anzugehen?
Johann Sebastian Bach – ein Wanderer zwischen weltlichem und geistlichem Wirken
Johann Sebastian Bach hat unabhängig von den sich wandelnden äußeren Bedingungen und vom Wechsel seiner Anstellungsträger stets an seinen unwandelbaren künstlerischen Vorstellungen festgehalten. Und dies war ein enormer Anspruch und ein durchaus verwegenes Unterfangen. Denn der soziale Status von Musikern im 17. und 18. Jahrhundert war höchst instabil und sie waren allen möglichen, unbeeinflussbaren Unwägbarkeiten ausgesetzt. Die Hofkapellen, „Begegnungszentren“ der erstklassigen Musiker und Solisten ihrer Zeit, waren aufgrund der hohen Dichte und Anzahl von Residenzen vor allem in mitteldeutschen Landen zahlreich. Zudem forderte das Streben nach Repräsentation der Regenten immer wieder die Errichtung von hochklassigen Klangkörpern. Der Potentat war es, der die Kulturhoheit ausübte, er bestellte und er bezahlte. Er selbst verkörperte somit den klanglich guten Geschmack. Überdies vereinte sie alle, wie es die aufwendigste Hofhaltung belegt, das Streben nach internationaler Bedeutung. In allem ahmte man den Glanz des französischen Königs nach. Selbst auf dem Lande und weitab der großen Residenzen versuchte man dies mit bescheidenen Mitteln.
Oftmals aber überforderte man sich wirtschaftlich. Ein prunkvoller Schlossbau überdauerte die Zeiten; aber die Musiker mussten jederzeit um ihren Posten fürchten. Beispiel: Der preußische „Soldatenkönig“ hatte es zum Schrecken aller schon im Jahr 1713 vorgemacht. Aus Gründen einer exzessiven Sparsamkeit, um den Staatshaushalt zu sanieren und das Militär zu entwickeln, wurde die gesamte Hofkapelle entlassen; die ging dann fast geschlossen an den Hof in Anhalt-Köthen. Vier Jahre später kam Bach dorthin: als Kapellmeister. Als sich das Ende wegen der angeschlagenen Gesundheit des Fürsten abzeichnete, wechselte Bach die Stelle und ging nach Leipzig. Zupass kam da, dass geistliche und weltliche Musik in jener Zeit sehr nahe beieinander waren und dass Bach als Kantor und Orgelvirtuose unmittelbar auch den Ansprüchen weltlichen Musizierens dem in vollem Umfang genüge tat. Und so kam es, dass Bach nach 1720 nach wechselvollen Jahren wieder ein kirchliches Amt anstrebte. Zwar war man als Musiker in kirchlichen Diensten demgegenüber sozial abgesichert. Aber hier vollzogen sich nach 1700 allgemein tiefgreifende theologische und ästhetische Veränderungen. Es sollte sein sechster (!) und letzter Stellenwechsel bleiben.
Die Programme der Barmer Bach-Tage in den kommenden Jahren
2026
Bach und Händel. Händel und Bach. Die verpasste Begegnung 1729
2027
Das Oratorium im 18. Jahrhundert: Bach – Händel – Haydn
11/2024 Dr. Matthias Lotzmann