Grußwort des Schirmherrn Stefan Heucke

Aufs Neue hat mich Matthias Lotzmann gebeten, die Schirmherrschaft über die Barmer Bachtage 2023 ein drittes Mal zu übernehmen. Dies tue ich gleichzeitig mit Freude und mit vor Sorge beschwertem Herzen.

Mein Grußwort der letztjährigen Bachtage stand ganz unter dem Schock des soeben stattgefundenen Angriffs  Russlands auf die Ukraine. Konnten wir es uns damals vorstellen, dass sich daraus ein veritabler Krieg, mitten in Europa, vor unseren Augen, entwickelt? Ich konnte es nicht und war fest davon überzeugt, dass diese leidvolle Angelegenheit in einigen Monaten auf diplomatischem  Wege gelöst werden könnte. 

 

Nichts dergleichen ist geschehen. Seit nun (Ende Januar) fast einem Jahr hat sich dieser Konflikt zu einem hartnäckigen, erbitterten, opferreichen Krieg verfestigt, dessen Ende niemand absehen kann und in den die ganze Welt immer mehr involviert wird.

 

Und da lautet Motto der diesjährigen Barmer Bachtage „Sanssoucis – ohne Sorgen“? Ich könnte es, wenn ich es nicht besser wüsste, für blanken Zynismus halten. Aber ich kenne Matthias Lotzmann gut genug, um zu wissen, dass wir es so absolut nicht verstehen dürfen. 

 

Vielmehr war das Schloss „Sanssoucis“ des preußischen Königs Friedrich II. ein Rückzugsort, an den sich der noch junge König von seinen aufreibenden Alltagsgeschäften zurückziehen konnte. Dorthin hat er 1747 Johann Sebastian Bach eingeladen, ihn mit dem berühmten, hochkomplexen chromatischen „königlichen Thema“ konfrontiert, über das Bach dreistimmig improvisierte und sich im anschließend entstandenen „Musikalischen Opfer“ sechsstimmig und damit letztgültig äußern sollte.

 

Haben wir es hier mit „Sanssoucis“ zu tun? Vielleicht ist es das, was uns „Sanssoucis“ heute in unserer Lebensrealität bedeuten kann: Für einzelne Stunden dürfen wir uns mit Hilfe von überirdisch vollendeter Musik über unsere Sorgen ERHEBEN und sie transzendieren. Dann bedeutet „Sanssoucis“ weder Zynismus noch naive Weltflucht, sondern eine Chance, uns auf das zu besinnen, was höher ist als unser Tun und Trachten und wir werden damit – für einen utopischen Moment jedenfalls – wirklich frei von Alltagssorgen werden. Bachs Musik ermöglicht uns dies. 

 

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, verehrte Zuhörende, dass Sie durch Bachs Musik 

überirdische Stunden „Ohne Sorgen – Sanssoucis“ erfahren mögen.

 

 

Stefan Heucke