Helge Lindh – Schirmherr der Barmer Bach-Tage 2024

Helge Lindh (MdB) Sprecher für Kultur, Medien und Demokratrie der SPD-Bundesfraktion

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Freundinnen und Freunde der Barmer Bach-Tage,

 

danke, dass Sie sich für die Barmer Bach-Tage entschieden haben. Sie tun damit etwas Gutes. Aber es gilt: Tue Gutes und rede darüber. Reden Sie darüber, auf dass möglichst viele von der Chance erfahren, insbesondere Johann Sebastian Bachs Werk während der Passionszeit in Wuppertal zu erleben. Zentriert um eine Gesamtaufführung der Matthäuspassion bieten eine Liturgische Osternachtsfeier, eine Vesper, eine Sterbestundemusik, drei Kammermusikabende, zwei Vorträge und zwei Orgelkonzerte ein Programm intensiver Begegnung mit dem Werk und mit großartigen Musikerinnen und Musikern.

 

In aktuellen Debatten über Kulturpolitik und kulturelle Bildung kommen Themen und Fragen der Amateurmusik, doch auch der Kirchenmusik und insbesondere der Orgelmusik oft allzu kurz. Die Barmer Bach-Tage sind nicht zuletzt ein Bekenntnis zur Tradition und Bedeutung liturgischer Musik im und in Wuppertal, gerade im Wuppertaler Osten.

 

Angesichts der immensen gesellschaftlichen Dynamik und des Wandels kultureller Ausdrucksformen, im Angesicht eines Schwindens kirchlicher Orte, unter dem Eindruck der Dominanz musikalischer Miniaturen von unter drei Minuten Länge aufgrund der geforderten Streaming-Plattform-Kompatibilität erscheint ein Vorhaben wie die Barmer Bach-Tage vielleicht als aus der Zeit gefallen. Ein Gesprächspartner sagte mir jüngst, solche Konzerte seien "zu gestrig", "zu bürgerlich". Er irrt. Wir spüren zunehmend, dass nach vielen Jahren unkritischen und inflationären Beschwörens von "Zukunft" die reflektierte Auseinandersetzung mit dem "Gestern" und der Gegenwart von Geschichte unverzichtbar ist und Halt gibt. Wir begreifen langsam, dass der wohlfeile Gebrauch des Wortes "bürgerlich" im Sinne von "elitär" oder "konservativ" allzu verengt ist, weil er den Blick auf eine Renaissance von "Bürgerschaft" verstellt, die als Selbstverständnis für eine lebendige Demokratie unverzichtbar ist. Herausragende Wuppertaler Orgeln gäbe es im Übrigen nicht ohne das hiesige Bürgertum. Vor allem jedoch erliegen wir einem Irrtum und einer self-fulfilling prophecy, wenn wir davon ausgehen, Bach in Kirchen sei etwas, das notwendigerweise ein vielfältiges, breites Publikum ausschließe.

 

Drehen wir es doch einmal um. Vergessen wir unsere Scheuklappen, Vorannahmen und Bedenken. Arbeiten wir mit der Hypothese, dass jede und jeder einen Anspruch und ein Recht haben sollte, musikalische Erfahrungen wie die der Barmer Bach-Tage machen zu dürfen und mit neuen Perspektiven zu ihrer Entwicklung beitragen zu können. Bisweilen überfordern wir womöglich unter der Macht unserer Annahmen das Publikum, indem wir es unterfordern. Diese ergreifende, erschütternde Musik öffnet in ihrer Kombination von Mathematik, liturgischem Gehalt und Emotion Türen, die sich ansonsten nicht auftun.

 

Das Gravitationszentrum Passion mit seiner Verwobenheit von Judentum und Christentum im Leiden und Sterben und in der Ermöglichung Jesu Christi erweist sich als höchst gegenwärtiger Anstoß zum Nachdenken und zur Selbst-Vergewisserung.

 

Mein besonderer Dank gilt Matthias Lotzmann, dem Initiatoren und Künstlerischen Leiter, für seine Unermüdlichkeit, seine Hartnäckigkeit und seine Hingabe ans Detail.

Die Barmer Bach-Tage sind nicht gefällig, aber sie dürfen gefallen.

 

Ihr Helge Lindh


Grußwort Dr. Matthias Lotzmann

Initiator und Künstlerischer Leiter der Barmer Bach-Tage

Bey einer andächtigen Musique ist alle Zeit Gott mit seiner Gnaden Gegenwart.

Johann Sebastian Bach

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde der BARMER BACH-TAGE,

 

mit diesem besonderen Geleitwort Johann Sebastian Bachs darf ich Ihnen in diesem Jahr freudig die 5. BARMER BACH-TAGE ans Herz legen. Ich bin sicher, dass Ihnen die vielfältigen Konzerte und Veranstaltungen Mut und Kraft für die Fragen geben, die sich in unserer Zeit auftun.  

 

Was hat noch Gültigkeit?

Das Grußwort der BARMER BACH-TAGE 2024, die Sie in eine gehobene Stimmung versetzen möchten, mit einem Fragezeichen zu beginnen, grenzt aber doch fast an eine Unhöflichkeit! 

 

Aber es gibt Fragen, die alles betreffen. Und in diesen steht alles auf dem Prüfstand, so habe ich den Eindruck. Die Entwicklungen scheinen sich immer mehr zuzuspitzen. Da wirken die BARMER BACH-TAGE wie das Relikt aus einer vergangenen Zeit, aus der „Welt von gestern“, in der ein Krieg in Europa selbst für unvorstellbar gestrig gehalten wurde. Und wieder ist heute aber die Rede vom Siegen, vom Überleben, von der Wahl der richtigen Seite und den damit verbundenen vermeintlichen Notwendigkeiten. Als sei ein Triumph des einen über den anderen inmitten der extrem verflochtenen Systeme und ihren gegenseitigen Abhängigkeiten möglich. Die Geschichte lehrt uns, dass die Totalität des Sieges immer schon niemals eine Option von dauerhaftem Erfolg war, sondern vielmehr Ausdruck einer verborgenen Labilität. Da trägt das Siegen einen kommenden Niedergang schon in sich. Angesichts dessen machen wir Musik!

 

Was bleibt? Wie kam Bach dem Wahren nah?                                                                                                                    Johann Sebastian Bach vermochte es, in seiner Kunst von sich selbst fort zu kommen, auf das und auf den hin zu blicken, von dem er sich Trost und gültige Wahrheit versprach. Er notierte seine obige Erkenntnis mit roter Tinte an den Rand der folgenden Bibelstelle 2. Chronik 5, 13: Und als sich die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele erhob und man den Herrn lobte: „Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig“, da wurde das Haus des Herrn erfüllt mit einer Wolke, so dass die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten wegen der Wolke; denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus Gottes.“

Was für ein Vertrauen in die tröstliche Kraft der Musik! 

 

Zugegeben: Es ist die Hoffnung - aber eine Hoffnung auf die Offenbarung des allmächtigen Gottes. Es ist dies besser als das Zutrauen in die eigene vergebliche Siegeskraft.

 

Bachs Kunst wirkt! Ich freue mich, dass es angesichts auch der angespannten wirtschaftlichen Lage möglich ist, die BARMER BACH-TAGE 2024 zu feiern. Mein besonderer Dank gilt dem hohen privaten Engagements Einzelner, wirtschaftlich und ideell. Ich freue mich, dass die Musik Johann Sebastian Bachs Menschen Trost und Halt schenkt, aber auch eine Orientierung für unser Gemeinwesen war und hoffentlich bleibt.

 

Wenn das Motto, das über diesen BARMER BACH-TAGEN steht, auch Ausdruck der Krise der Institutionen sein mochte, die zu Bachs Zeit geherrscht hat, stehen wir auch da in einer positiven Traditionslinie. Möge das bürgerschaftliche Engagement dem Vorhaben  der BARMER BACH-TAGE weiterhin treu bleiben.

 

Ich danke Herrn Helge Lindh (MdB) sehr für die Übernahme der diesjährigen Schirmherrschaft.

 

In diesem Sinne, welcher der Musik alles Gute zutraut, wünsche ich Ihnen und uns gelingende und froh machende BARMER BACH-TAGE 2024.

 

Ihr Matthias Lotzmann


Grußwort des Vorsitzenden der Neuen Bach-Gesellschaft Leipzig

Soweit wir wissen, ist Johann Sebastian Bach niemals in Barmen gewesen. Doch sein überragendes Werk ist längst weit über die Grenzen Sachsens und Thüringens, auch über die Grenzen Deutschlands hinaus zum kulturellen Allgemeinbesitz geworden. In aller Welt, in allen Erdteilen leben Menschen, denen Bachs Musik kostbar ist, die sie gern hören und musizieren. 

 

Doch in einer Zeit großer kultureller Vielfalt und sich verändernder Strukturen ist es unbedingt notwendig, das Überkommene immer erneut lebendig werden zu lassen, ganz im Sinne des Goethe-Wortes „Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen“.

 

Diesem Ziel dienen die Aktivitäten der Neuen Bachgesellschaft. Mit großer Freude nehmen wir wahr, mit welchem Engagement an vielen Orten Bachs Musik gepflegt wird. So grüße ich sehr herzlich alle Verantwortlichen, Mitwirkenden und Konzertbesucher der Barmer Bach-Tage 2024. Rund um die Aufführung der Matthäuspassion gruppieren sich interessante weitere Konzerte, Vorträge und Gottesdienste. Ich wünsche den Agierenden gutes Gelingen und allen, die zuhören, erfüllte Stunden tiefen Erlebens in den Tagen der Karwoche und des Osterfestes. 

 

Prof. Dr. Dr. h. c. Christfried Brödel

Vorsitzender der Neuen Bachgesellschaft


Grußwort Martina Köster-Schneider

Pfarrerin und Vorsitzende der Gemeinde Gemarke-Wupperfeld

Und wieder lässt Dr. Matthias Lotzmann  seine Leidenschaft für Johann Sebastian Bach in den 5. Barmer Bachtagen für uns erklingen. Da sind drei Kammermusikabende in der Passions- und Osterzeit.  Musik zur Sterbestunde Jesu und die Feier der liturgischen Osternacht laden ein. Hervorzuheben sind die Klänge von  Cembalo, auch mal zwei Cembali, und der Viola da Gamba. 

 

Der Höhepunkt ist die Matthäus-Passion  am Sonntag, den 17. März um 15.00 Uhr in der Lutherkirche. Lassen wir Johann Sebastian Bach mit seiner  leidenschaftlichen Musik von uns predigen. 

 

„Nur was man kennt, kann man lieben.“ Zu den Konzerten der Barmer Bachtag hingehen und hinhören und diese Kompositionen kennenlernen ist das eine. Doch: Verstehen wir diese wunderbare Musik, ihre Verkündigung, ihr Wissen um die Schwere vieler Dinge, ihr Ringen um ein Dennoch-Vertrauen in Gott? Zwei Vorträge hervorragender Interpreten öffnen Einblicke in das Werk der Matthäuspassion und das musikalische Universum Bachs. Wie schön, dass wir diese besonderen musikalischen Momente in der Gemeinde Gemarke-Wupperfeld feiern können.